Der Metzgermeister

Er war direkt aus der Wurstküche ins Büro der Metzgerei gekommen, hatte sich kreidebleich an den großen Tisch gesetzt und sehr leise und langsam gesprochen: „Hat mal jemand ein Pflaster?“ Dann war er der Länge nach auf die Eckbank gekippt und wir sahen, dass in der Spitze seines Gummistiefels ein Ausbeinmesser mittlerer Größe feststeckte. Der Chef und ich haben ihn sofort auf den Rücksitz des Mercedes gelegt und ins Krankenhaus gefahren, wo man ihn vom Messer befreite, seine Schnittwunde versorgte und sich auf die Suche nach dem abgetrennten linken kleinen Zeh machte. Der lag nicht im Auto, im Gummistiefel war er auch nicht auffindbar, und so hatte der Metzgermeister also von dem Tag an einen Zeh weniger. Als wir vom Krankenhaus zurück auf den Hof der Metzgerei fuhren, war die Wurst natürlich längst abverkauft.

4 Gedanken zu „Der Metzgermeister

    1. Yeah, wohl wahr! für uns war das damals aber auch nicht gaaaaaanz so angenehm. Und ein wesentliches, unappetlttliches Detail hab ich in der Geschichte bereits ausgelassen. Au weia!

  1. Ich frage mich, wie man aus einem verschlossenen Gummistiefel einen Zeh verlieren kann, der dort auch noch mit einem veritablen Ausbeinmesser festgepinnt ist. Tss tss… ¹

    „Hat mal jemand ein Pflaster?“ ist aber der Gipfel der Coolness in dieser Situation.

    Und jetzt will ich das andere wesentliche unappetitliche Detail hören! Das, welches die gewöhnlichen Vorgänge in einer Schlachterei-Metzgerei-Ausbeinerei-Darmwäscherei-Blutkocherei noch übertreffen mag: Na los!

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    ¹ wahrscheinlich liegt der Zeh bis heute in der Schublade im Schreibtisch der Schwester an der Notaufnahme. Vertrocknet. Eingeschrumpelt. Der Zeh, nicht zwingend die Schwester. Sie fürchtet die ganze Zeit, dass man ihr noch drauf kommen und sie deshalb entlassen könnte. Aber bald ist sie auf Rente. Dann fürchtet sie, dass man ihr die Rente deswegen kürzt.

    1. Das wirklich unappetitliche, von dem hier auf keinen Fall die Rede sein soll, war der Moment, in dem der Metzgermeister (nach seinem schönen Satz vom Pflaster) das Messer aus dem Stiefel zog und sich ein heftig sprudelnder Schwall tiefroten Blutes auf den Fußboden ergoss. Ach, es waren herrliche Zeiten und man brauchte nicht mal einen Computer dafür (sorry, Piraten!)

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