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Amrum am nächsten Tag

Wieder Hitler getroffen. Auf der Straße geht er vor mir her. Ohne Handschuh, ohne Mützlein. Die neue dicke Jacke an nur einem Knopf dürftig geschlossen, einen hellen Rollkragenpullover drunter, stapft er vor mir durch den Schnee. Der Scheitel fliegt im Wind und auch das Preisschild seines Jackstücks.

Die Insel ist klein. Ich treffe Hitler täglich. Gestern stand er im Buchladen. Mitten im Raum. Mitten im Gang. In sich versunken, mit hängendem Köpflein, mit leicht zur Seite abgespreizten Armen an einen Pinguin gemahnend. Zwischen den Regalen »Nordfriesische Geschichte« und »Bestseller« stand er und ich hätte gern gewußt, was er dort dachte.

Amrum am Abend

Der erste, der mir hier auf Amrum im Hotel nach einer Viertelstunde schon begegnet, ist Adolf Hitler. Obwohl am Rand des großen Speisesaals noch allerhand Tische frei sind, sitzt er – etwas eingefallen, graues Sakko, graue Hose, unpassend braune Schuh dazu – am einzigen Tisch mitten im Raum. Den Kopf tief über den Teller gebeugt mit hängenden Schultern isst er Suppe, schlürft ein gut Teil in seinen wie’s scheint schmaler jetzt gewordenen Schnurbart. Eben hat seine Mama angerufen, sich bei der Wirtin zu erkundigen, ob er gut angekommen sei. Die Wirtin hat ihm ausgerichtet, daß seine Mama nicht mit ihm habe sprechen wollen, sich aber gesorgt habe, ob es ihrem Sohn wohl gut gehe. »Es war eine katastrophale Fahrt …« hat er verschmitzt gelächelt.
Ich habe Hitler später zugenickt, wie er allein im braunen Trenchcoat – unentschlossen, ob er noch mal zurück ins Restaurant gehen oder lieber im Dunkeln eine Runde am Strand drehen solle – draußen vor der Tür im dunklen Schnee stand.