Die neuen Sommerhelden sind da!

Die Rocker wechseln kreidebleich die Seite,
die Drogendealer fliehen aus der Stadt.
Selbst Kirmesboxer suchen nachts das Weite,
wenn wer die Helden hergerufen hat.

Der Mafiaclan lässt alles stehn und liegen.
Das Pflaster wird für Hooligans zu heiß.
Für Nazis gibt es nichts mehr endzusiegen,
geraten sie in ihren Wirkungskreis.

Wo selbst Bruce Willis kneift und leise weint,
weil ihn die Schurken dieser Welt verhöhnen;
wo auch ein Gott sich gänzlich hilflos meint,
da retten uns die Starken und die Schönen:

Denn wem ist keine Kampfkunst fremd?
Dem Leptosom im Freizeithemd.

Wer steht als Fels in der Randale?
Der Studienrat in der Sandale.

Wer kann den Schurken Schmerz entlocken?
Der Pensionär in Tennissocken.

Wer ist ein Held, wenn Schlachten tosen?
Der Schlacks in Siebenachtelhosen.

Das Böse hat nicht mehr zu melden
wenn sie erscheinen: Sommerhelden!

PS:
Und Jungfraun vor dem Drachen retten
kann nur der Herr in Adiletten.

Vorhersage

Der Himmel indigot sich drohend tief ins Komatöse.
Wieso denn bloß? Jetzt eben opalierte er doch noch.
Bunt und perlmutten prangte er – nun dieses tiefe Loch.
Mahnt er uns an die Welt, die dünkelnde und ruinöse?

Zeigt Gott mit rauhem Lachen derart bös uns unser Joch?
Krampft deshalb dröhnend harsch uns kotzig das Gekröse?
Sinkt darum in der Wirtschaft steil die Summe der Erlöse?
Hilft überhaupt noch Wein und Weib jetzt, hilft noch Trank und Koch?

Schon rast ein Bimmelbammel scheppernd von den Türmen.
Schon schweigen zitternd alle Piepsevögel still.
Schon überschlägt das Wetter sich zu harschen Stürmen.

Schon hochskaliert ein Heul und Brumm zum Overkill.
Schon wütet es mit Hagel und Gewürmen.
Dann wieder Sonne, alles blau und sanft und still –

So wie der Mai nun auch der Juni: legitimer Erbe des April.

Güldener Greis

Heute früh, ab kurz nach acht,
ist in Leipzig Völkerschlacht.

Nein, bloß Spaß und gar nicht wahr:
Wir feiern heut den Jubilar!
Der niemals je sich hat geschont,
der schon in Ost und West gewohnt,

der fleißig, tapfer, immer heiter,
der frisch war, offen und so weiter
und maßvoll. Schaut, er braucht nicht viel,
nicht Spaß und Freud, nicht Tanz und Spiel.

Auch könnt nie wer vernünft’ger sein:
Er trinkt pro Tag bloß ein Glas Wein,
isst eine Scheibe Esspapier
als Freud- und Lebenselexier

und schläft zehn Stunden jeden Tag
in seinem goldnen Sarkophag.
Nie trieb er eine Stunde Sport,
und doch: Er ist der schlankste dort,

wo heute er Geburtstag feiert
und sich als Greis vor uns entschleiert.
Er zeigt uns Menschen wohlgestalt:
Wer derart lebt, wird ganz schön alt.

Nur Gott allein zeigt sich verwundert:
Der Katholikentag wird hundert.

3. Stock: Damenoberbekleidung

Herren warten stumm auf Damen,
schauen seufzend auf die Uhr,
harren aus in Gottesnamen,
folgen so ihrer Natur.

Herren ringen mit den Händen,
unverstehn die ganze Welt,
lesen Wichtiges von Wänden,
zählen lustlos Taschengeld.

Herren prüfen Glanz der Schuhe,
gucken ratlos in die Luft,
kratzen sich in aller Ruhe,
dünsten schweren Moschusduft.

Herren fremdeln starr ins Blaue,
halten bunte Tüten fest,
schlummern sachte sich ins Flaue,
züngeln schmatzend Essensrest.

Herren bleiben brav wo sitzen,
zupfen fauchend Nasenhaar,
checken Mails und achselschwitzen,
leiden scheinbar unscheinbar.

Herren starren große Löcher,
atmen ein und tief und aus,
warten sitzend noch und nöcher,
kommen nie hier wieder raus.

Damen derweil treten munter
in die Welt des Kaufens ein,
werden schöner, werden bunter,
lassen Herren Herren sein.