Stille herrscht im Bordbistro.
Nur des Kellners Stimme tönt:
»Kleines Pils, drei Euro! So!«
Mensch, was werden wir verwöhnt.
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Familienbande
Ich trage meine Kinderlein im Oberstübchen aus.
Im Ultraschall erkennt man die Idee.
Auf Röntgenbildern sieht man: Es sind viele. Ei der Daus!
Sie zu gebären tut mir oftmals weh.
Als Hebamme an manchen Tagen dient der Alkohol,
ein andermal das Starren auf die Wand.
Dann wieder purzeln sie heraus aufs Geratewohl,
und jedesmal ist mir dann blümerant.
Sind sie am Licht, dann toben sie herum in Saus und Braus,
ergeben oftmals keinen rechten Sinn.
Egal – denn noch die blödesten sehn wie der Papi aus.
Und voller Liebe schmelze ich dahin.
Mutter
Meine Mutter geht jetzt nicht mehr zum Lachen in den Keller, weil sie gehört hat, dass der Herr Nowak aus dem 3. Stock oft aus ganz anderen Gründen in den Keller geht.
Unbrauchbar gewordene Anfänge 02
Schwarzer Anzug, Silberschlips,
sanfte Stimme ohne Pips:
Gaucki ist jetzt Präsident
und für uns da, wenn es mal brennt.
Die Langeweile ist perdü
ab jetzt im schönen Schloss Bellevue.
Er zieht dort ein, er sprengt den Trott,
zu viert mit Freundin, Frau und Gott.
Den Gaucki kann man alles fragen.
Er hat für alles Unterlagen,
weiß über uns Bescheid, ist quasi
die graumelierte Präsi-Stasi.
Für wirklich jede Frage, auch
für die von Kaspar Günter Jauch,
da kennt er die Beantwortung:
»Freiheit mit Verantwortung!«
usw usf
Unbrauchbar gewordene Anfänge 01
Ihr könnt mir alle viel erzählen:
Ich würde nie Sir Gaucki wählen!
Das brächte ich nicht übers Herz.
Zu groß wär mir der Wahlmannschmerz
Zunächst: Der Mann war vormals Paster
und schon deswegen Kritikaster
von allem und von jedem hier,
was nicht von Gott kommt: Du und wir.
Dann noch: Er kommt vom Osten her,
als Zwangsumtausch der DDR.
Und außerdem – Oh Weh! Oh Graus! –
sieht er wie Hartmut Mehdorn aus.
usw usf
Mittags, die Sonne
Kein Mensch mehr an Bord,
das Schiff ist verlassen.
Nicht mal jemand da,
um noch weiter zu ziehn.
Ganz leer ist der Platz,
alle sind schon zu Hause.
Wer jetzt keinen hat,
findet niemand zum fliehn.
Kein Schluck mehr im Glas,
nur Eiswürfel klimpern.
Wer jetzt nicht betrunken
ist, wird es nicht mehr.
Ringsum alles stumm.
Kein Satz, keine Frage.
Die Köpfe sind voll,
unsre Herzen sind leer.
The winner
Einer Schlägerei in einer Waliser Kneipe kann man ganz leicht wie folgt entgehen: Zunächst darf man kein Wort verstehen von dem Zeug, das einem von dem kräftigen jungen Mann an den Kopf geredet wird, der unvermittelt an den Tisch tritt und unter uns gesagt sehr unbequem aussieht und auch so kauderwelscht. Meist reicht es, zwei oder drei mal entschuldigend lächelnd auf Deutsch nachzufragen, was er denn bitteschön grad gesagt habe – schon hat er keine Lust mehr, es nochmal zu erklären und trollt sich wieder. Auf keinen Fall sollte man jetzt vergessen: Unbedingt die walisischen Freunde am Tisch fragen, was denn der junge Mann eigentlich wollte – um nach der verblüffenden Erklärung, er habe einem doch soeben einen Händel antragen wollen und mit üblichen Schmähreden dazu aufgefordert, zu diesem Behufe für ein paar Minuten mit vor die Tür zu treten, schallend zu lachen und noch ein paar weitere Runden Bier zu bestellen. Hilfreich ist es auch, sich im Lauf der nächsten Stunden am besten mehrmals belustigt nach dem jungen Mann umzusehen und ihm mit erhobenem Finger kopfschüttelnd und scherzhaft zu bedeuten, man habe ihn schon verstanden, ihn Schlingel. Irgendwann ist dann der launige Abend zu Ende und sämtliche Last Orders sind verputzt, so dass man alles schon wieder vergessen hat und frohgemut und unbeschadet aus der Kneipentür treten kann.
The loser
Natürlich kann man einer Schlägerei vor einer Waliser Kneipe überhaupt gar nicht entgehen, denn: Wenn man nach sämtlichen Last Orders dann irgendwann auf den Platz vor der Kneipe tritt und sich die dort versammelten Trunkenbolde wie auf ein Kommando zu einem herumdrehen und sich um den unbequemen jungen Mann von vorher gruppieren, dann bleibt einem zunächst nichts anderes übrig, als schleunigst Fersengeld zu geben und mehrmals die Straßenseiten zu wechseln und völlig sinnlos zu hoffen, dass man irgendwie aus dieser Scheisse gerettet werde, die nun einmal entsteht, wenn man mitten in der Nacht von drei oder vier mies betrunkenen walisischen Jugendlichen durch eine mies beleuchtete walisische Kleinstadt gejagt wird – und erst später am frühen Morgen trinkt man dann nach kurzem Krankenhausbesuch durch einen mitteldicken Strohhalm ein oder auch drei Dankesbier mit dem walisischen Meister im Fliegengewicht, der einem das Fell gerettet hatte, während man vor einer Schaufensterscheibe in die Mangel genommen wurde und er in der Taxizentrale gegenüber spürte, das gehe da doch nicht ganz gerecht zu und er müsse nun mal kurz eingreifen … aber das ist irgendwie schon wieder eine andere Geschichte.
Verona
Der ganze Bahnhof voller junger Leute.
Jeder Einzelne würde mir über die Straße helfen,
wäre eine da.
Zum hier
Was genau sagt man eigentlich, wenn man den Kaffee nicht „to go“ haben will?