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Alle Menschen wollen immer noch einmal das Meer sehen und wenn sie dann am Meer ankommen, gucken sie doch nur traurig. Das Meer ist da, wo die Krabben wohnen und wo die bei der Suche nach dem letzten besten Satz verstummten Menschen sitzen.

Vielleicht fahren Menschen an das Meer in Filmen, Träumen und der Wirklichkeit, weil dort der Horizont weiter ist als sonst irgendwo, weil man nichts absehen kann und also hoffen, ob nicht vielleicht doch noch etwas Gutes vor einem liegt. Weil man am Meer sitzen und sehen kann und nichts tun als warten und sich dennoch etwas bewegt. Wenn Wellen wüßten, dass sie Tränen machen können, dass sie auf Abschiedsbildern sind, mit Musik unterlegt werden, dass sie dabei sind, wenn etwas unumstößlich zuende geht, wenn Wellen das wüßten und sich entscheiden könnten, vielleicht wäre alltäglich mit Stürmen zu rechnen.

Annika Scheffel, Ben, kookbooks 2010

Arno Schmidt: Hat unsere Jugend noch Ideale?

‹Ideal› – auch eines jener, uns um eine entscheidende Spur zu oft offerierten großen Worte, die uns so unglücklich machen!

Und zwar deshalb, weil sich die meisten davon in späteren Jahren als absurd, wenn nicht gar gemeingefährlich entpuppen – etwa das ‹Ideal› des ‹Helden›; harmlosestenfalls hohle Nüsse, mit Spinnweben gefüllt.

Wenn ich der Truggestalten gedenke, die man erzieherischerseits an den Horizonten meiner Jugend als ‹Ideale› herumspuken lassen wollte – der ‹Mannhaftigkeit›, die sich dann grinsend als reinrassige Brutalität demaskierte; oder des ‹Genies›, des angeblich so schändlich begabten, daß es kaum noch zu arbeiten brauchte; und all das verkündet von dubiosesten Gehrockträgern – wenn ich all das bedenke, könnte ich nur begrüßen, wenn unsere heutige Jugend nicht mehr mit Idealen gefoppt würde; nicht mehr wertvolle Stunden mit dergleichen süßen Nichtigkeiten vertäte. Wenn!

Weiter gehts hier: http://www.arno-schmidt-stiftung.de/arno/2_05.html

W-A-F-E-L

Mein Vorschlag für den Namen dieser Verfassung lautet WAFEL (Water-Air-Fire-Earth-Living). Auf der Grundlage einer solchen Verfassung ließe sich ein Gericht einberufen, eine juridische Instanz, ähnlich dem bestehenden Internationalen Strafgerichtshof, die im Namen des betroffenen Elements gegen solche Unfälle beziehungsweise Anschläge auf den Planeten angehen könnte. Der Kläger wäre in diesem Fall der Golf von Mexiko. Er würde sich auf ein Naturrecht berufen, das ganz wie das heutige Menschenrecht ein Grundrecht wäre. Dafür bräuchte es nur einen Vertrag, einen allgemeinen Waffenstillstand in diesem Krieg, den wir gegen den Planeten führen.

Michel Serres, taz vom 30.7.2010

Schon klar, Hans,

Du warst ein großer Sohn Deiner Stadt. Du hast Kunstgeschichte und Psychologie studiert. Du hast die wichtigste Sammlung mit Bildwerken von geisteskranken Menschen aufgebaut. Das war wirklich großartig! Aber dass Deine Stadt auf der Landesgartenschau grad den Irrgarten nach Dir benennen mußte, dass also nun im »Park der Sinne« der Hans-Prinzhorn-IRRgarten vor sich hin wächst – ich weiß nicht, ob Dir das wirklich gefallen hätte.

Du selbst: toller Hecht. Deine Stadt: vielleicht ein ganz bißchen zu forsch und irrgendwie irre.