Archiv der Kategorie: Geschrieben

All inclusive

Zwölfmal wurde ich gestochen,
dreimal hab ich mich erbrochen.
Musste direkt nach dem Fliegen
tagelang im Wundbett liegen.

Hab fünf Sehnen mir entzündet,
einen Herzinfarkt begründet,
links den Knöchel mir verstaucht,
dreizehn Beutel Blut gebraucht.

In mir hat der Wurm schmarotzt,
hab mich völlig leergekotzt,
stank zerreißend wie ein Puma:
Rache von Herrn Montezuma.

Trotzdem – ginge es nach mir,
ich wär noch nicht wieder hier.
Das war klasse, keine Frage!
All inclusive, 14 Tage,

in Spitälern, Hospitalen,
ohne etwas zu bezahlen.
Schöner kann es gar nicht sein.
Danke, Auslandskrankenschein!

Vorletzte Umfrage

Mache ich mein Kreuzchen?
Soll ich mich enthalten?
Wähle ich was Neues?
Lass ich es beim Alten?

Schaff ichs an die Urne?
Reicht mein Wählerwille?
Wähle ich die Trulla?
Wähle ich die Brille?

Geh ich lieber trinken?
Bin ich Mehrheitsbringer?
Wähle ich das Dreieck?
Wähle ich den Finger?

Mach ich alles richtig
mit der zweiten Stimme?
Wähle ich das Gute?
Wähle ich das Schlimme?

Wähle ich den Doofmann?
Wähle ich die Schnalle?
Oder da den Schnurbart?
Oder doch gleich alle?

Guck ich dann im Fernseh
später bunte Kreise?
Hör ich die Gespräche?
Ja, hab ich denn ne Meise?!

Bleibe schön zuhause!
Trainiere an Expandern!
Koch mir warmes Süppchen!
Oder geh gar wandern!

Faust bleibt in der Tasche!
Wählen solln die andern!

Wort und Tat

Wer braucht bitte Thomas Mann,
wenn man Freude haben kann
an mir und meinem Leberfleck?
Schatz, jetzt leg das Buch doch weg!

Lass den Schiller mal in Ruh.
Klapp jetzt mal den Walser zu.
Langsam wird mir das zu dumm –
lieg doch da nicht lesend rum!

Was ist schon ein Brecht-Sonett
gegen mich in Deinem Bett?
Schau, mein schönes schlankes Bein –
komm, jetzt lass das Lesen sein!

Leg mal bitte Shakespeares Sturm
auf den Tisch zu Tellkamps Turm,
und ich zeig Dir mein Bijou.
Liebling, hör mir doch mal zu!

Erst vergnügen wir uns hier,
danach rauchen, dann ein Bier –
Schatzilein, so glaub mir doch:
Lesen kannst du später noch.

Bleib ruhig daheim!

(Wesentliches zum Werk des Reisemalers Schollenberger)

Kannst Dir Deine Reisen sparen.
Rom, Sorrent, was willst Du dort?
Musst nicht nach Italien fahren,
fährst ja doch gleich wieder fort.

San Francisco und New York
sind real nur leidlich grau,
schmecken säuerlich nach Kork.
Anders in der Bilderschau:

Schollenberger, auf Papieren,
liebt es, sich mit offnem Blick
in fremden Farben zu verlieren.
So geht Malers Malerglück!

Rot wie nie malt er Berlin.
Tanzt Paris die Liebesbalz.
Jedem Ort gibt er sich hin,
Schollenberger aus der Pfalz!

Zeigt uns in den Vernissagen,
farbig, voller Saus und Braus,
Bilder seiner Weltpassagen:
farbenfroher Augenschmaus.

Der Reisemaler

Schau, der Maler sucht die Ferne.
Schau, er malt sich durch die Welt.
Schau, er reist und schaut so gerne.
Was er sieht, wird vorgestellt:

Speyer, Rom, Paris, Berlin,
Rendsburg, Wilder Wein und Kork,
Wingert, Positano, Wien,
California und New York.

Überall die selbe Sonne,
überall die selbe Luft.
Farben gleich und gleiche Wonne,
überall der gleiche Duft.

Unser Maler aber macht
das Besondere, das Wahre,
aus dem Gleichen. Über Nacht
schafft er einzigartig klare
Bilder. Mit der Farbfanfare.

Analoge Abrüstung

Nasche ich vom Kirschkompott,
tröte ich auf dem Fagott,
plane ich den Staatsbankrott
– weiß es gleich der liebe Gott.

Wem ich auf die Eier geh,
wem ich bald den Hals rumdreh,
wem ich auf den Hintern seh
– weiß schon lang der BND.

Dass der Vater mit dem Sohne,
dass ich bade, oben ohne,
dass ich noch bei Mutti wohne
– weiß dank Teleskop die Drohne.

Doch von Schatzis Mundgeruch,
meinem nächtlichen Besuch,
und von Hamsters Flugversuch
– weiß allein mein Tagebuch.

Für ein hier nicht anwesendes Bild

Als Gott mal jüngst in Sendling war,
da zauberte er wunderbar:
Er ließ, ganz leicht und wie aus Tüll
Buchstaben schweben überm Müll.

Die einen hell, die andern dunkel,
ein Typo-grau-in-grau-Gefunkel.
Dem Ä schuf er 2 schöne Striche,
der Tonne 4 Reserve-Iche.

Dann musste er, um kurz nach vier,
zu Freunden auf ein kleines Bier.
Er lief, um sich nicht zu verspäten,
und hinterließ Antiquitäten.

(das zugehörige Bild gibt’s hier)

Freunde fürs Leben

Obama lädt Herrn Putin aus,
Herrn Putin macht sich nichts daraus.
Er fängt stattdessen einen Stör
und ringt mit einem Zirkusbär.

Obama wird vor Zorn ganz blass.
Herr Putin aber pfeift sich was,
lässt oben ohne Pferde weiden
und sich von seiner Alten scheiden.

Danach befiehlt er rasch Asyl.
Obama ärgert das Kalkül,
es platzt ihm fast der Hemdenkragen.
Herr Putin fliegt zum Tigerjagen.

Er schießt und trifft mit jedem Schuss,
kämpft Judo wie ein Zerberus,
dann taucht er, grinsend und spontan,
hinunter in den Ozean.

Da bleibt er bis zum Weltrekord.
Obama tobt in einem fort
durchs Weiße Haus, ruft lautstark „Fuck!“
und trifft statt Putin Donald Duck.

In die Pfalz

Brücken strecken sich und fliehen,
ICEs nach Süden ziehen.
Drinnen suche ich das Weite,
leider auf der Sonnenseite.

Tropfen platschen auf die Zeitung,
Funken schlägt die Oberleitung.
Husch, der Zug huscht hitzig schnell.
Nachbar schreibt Geschäftsmodell.

Kind am Fenster: Da, die Flieger!
Dort der Raddampferanlieger!
Hier die Sonne, da der Rhein!
Kanns nicht etwas kühler sein?!

Kann es eben leider nicht.
Land verglüht im Sonnenlicht,
ich verglühe mit und dann
quatscht mich noch der Nachbar an.

Vom Geschäft, von Frau und Kind,
Worte wie ein Wüstenwind.
Trocken staubig seine Rede.
Ich begreife stante pede:

Der geht mir jetzt wohl bis Speyer
ganz gehörig auf die Eier.